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1.3 Alinas Unfall

  Als sie wieder zu sich kam, war der Drache verschwunden. Der kalte Wind zog heftig an ihrer Kleidung, w?hrend sie in die Tiefe stürzte. Direkt auf die Baumkronen des Waldes zu. Ein Hitzestrahl str?mte durch ihren K?rper. Ein Pochen breitete sich von ihrem Oberarm aus und überfiel ihren ganzen K?rper. Gleichzeitig zogen sich ihre Glieder so heftig auseinander, dass ihr schwindelig vor Schmerz wurde. Ein rei?endes Ger?usch streifte ihre Ohren. Dann ein lauter Krach. Brechende ?ste, raschelnde Bl?tter. Dumpf fühlte sich das Kratzen und die Schl?ge der ?ste gegen ihren K?rper an. Dann traf sie auf den Boden auf. Die Wucht raubte ihr für einen Augenblick den Atem. Japsend saugte sie Luft ein. Obwohl ihre Augen geschlossen waren, drehte sich alles in ihrem Kopf.

  ?Alina!? Sie erkannte Aivens Stimme und riss die Augen auf.

  Für eine Sekunde war alles schwarz. Blinkende Lichtpunkte tanzten vor ihr. Sie kniff die Lider zusammen und atmete tief ein. Als sie ihre Augen zum weiten Mal ?ffnete, war alles wieder scharf. Zu scharf. Sie konnte jeden einzelnen Baum, jedes einzelne Blatt sehen. Die kleinen K?fer, die auf dem Boden krabbelten. Eine Eule, die versteckt zwischen den Bl?ttern, auf einem Ast sa?. Als w?re es Tag. Und dann drangen die Ger?usche in sie ein. Das Rauschen des Windes, das Tappen von Tierpfoten auf den Baumst?mmen, das Rascheln im Unterholz, die Rufe der Nachtv?gel. Es machte sie wahnsinnig. Sie musste hier fort.

  ?chzend versuchte Alina sich aufzurichten. Doch ihr K?rper war so schwer, dass es sie gleich wieder zu Boden warf. Nur ihre Ohren zuckten, als Fü?e im Unterholz auf trockenen ?sten trafen. Sie drehte ihren Kopf vorsichtig nach links.

  Tessa und Aiven standen mit weit aufgerissenen Augen vor ihr. Ein banges Gefühl stieg in ihr hinauf.

  Wie schlimm waren ihre Verletzungen? Alina versuchte, an sich hinunterzusehen, doch sie fand ihren K?rper nicht. Es fühlte sich an, als l?ge er hinter ihr. Erneut versuchte sie sich hochzustemmen. Ihr K?rper wandte sich und fühlte sich lang an. Sie konnte nicht einordnen, wo ihre Beine und Arme waren. Sie streckte ihren Hals. Der Boden war viel weiter weg als sonst.

  ?Aiven, kannst du mir aufhelfen? Mein K?rper fühlt sich so schwer an?, wollte Alina sagen, doch aus ihrem Mund kam nur ein Japsen heraus. Sie sprang hoch und ihr eigenes Gewicht brachte sie wieder zu Fall. Hinter ihr lag ein langer, grauer, mit Fell bedeckter K?rper. An den Seiten ragten vier Beine mit gro?en Pfoten und langen Krallen heraus. Ein langer Schweif, wie der einer Eidechse, zuckte hin und her.

  Ein Drache. Alina sprang zur Seite. Der K?rper folgte ihr. Sie drehte sich um die eigene Achse. Ein, zwei, drei Mal. Sie wollte sich wieder aufrichten, doch es war ihr eigener K?rper, der sie immer wieder herunterriss. Sie war der Drache.

  Ihr Herz bebte, alle Viere zitterten, w?hrend Alina darum k?mpfte sich aufrecht zu halten. Aiven schritt vorsichtig auf sie zu. Winselnd senkte sie ihren Kopf auf seine H?he.

  ?Alina??, flüsterte er.

  Sie drückte ihre Schnauze gegen seine Brust. Seine zitternde Hand legte sich auf ihren Kopf. Nicht weit von ihnen stand Tessa. In einer Hand hielt sie eine Fackel, mit der anderen hob sie etwas vom Boden auf. Alinas zerrissene Kleidung.

  ?Wie konnte das passieren? War es der Biss?? Tessas Stimme zitterte.

  ?Ich wei? es nicht?, flüsterte Aiven und l?ste sich von ihr, nur seine Hand blieb auf ihrer Schnauze. Schweigend starrten sich die drei an. Alina ?ffnete immer wieder ihr Maul, doch sie konnte nichts au?er einem Winseln hervorbringen.

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  ?Wir müssen zurück?, sagte Aiven schlie?lich. ?Das kann nicht normal sein. Das ist doch total verrückt! Wir brauchen die W?chter. Die k?nnen das sicher erkl?ren und irgendwie l?sen.?

  ?Wie sollen wir sie hochkriegen? Sie kann kaum stehen.?

  ?Drachen k?nnen fliegen. Alina, versuch es!? Aiven klopfte auf ihren Nacken.

  Doch Alina konnte nur den Kopf schütteln.

  ?Wo ist Aya??, fragte Tessa und holte die zwei anderen V?gel, die fauchend hinter einem Baum standen. ?Kannst du sie reiten und Hilfe holen? Sie ist die Schnellste.?

  ?Ich kann Alina nicht zurücklassen. Flieg du sie.? Aiven rückte dichter an seine Schwester heran.

  ?Nein. Aya hat nie jemanden anderen reiten lassen au?er euch beide. Du musst Hilfe holen. Schnell.? Tessa band die zwei wütenden Feuerv?gel an eine Birke.

  Aiven seufzte schwer, dann drückte er seinen Kopf gegen Alinas.

  ?Ich versuche, mich zu beeilen. Hilfe kommt, mach dir keine Sorgen. Alles wird wieder gut. Du wirst schon sehen.? Aivens Stimme zitterte, worauf Alina winselte.

  Aiven trabte davon und keine Minute sp?ter schoss ein Schatten über ihnen am Himmel vorbei. Tessa stand mit dem Rücken zu ihr, mit einer Hand an den Baumstamm gelehnt. Sie formte ihre Hand zu einer Faust und schlug gegen den Stamm. Obwohl sie es leise machte, konnten Alinas Drachenohren dennoch ihr ersticktes St?hnen h?ren.

  Alina versuchte auf ihre Cousine zuzugehen, doch ihre Beine knickten ein und sie lag winselnd auf dem Boden. Tessa drehte sich um, hastete zu ihr und schlang ihre Arme um Alinas Hals.

  –

  Aiven kam zurück mit fünf W?chtern, zwei davon geh?rten zu den Befehlshabern, erkennbar an ihren goldenen R?cken. Unter den W?chtern befand sich auch ein Mann der einen langen, rostbraunen Umhang auf seinen Schultern trug. Ein Landesw?chter, einer der führenden Hauptm?nner in H?hental. Er trat als erster nach vorne.

  ?Ist das deine Schwester? Alina??, fragte der Landesw?chter.

  ?Ja. Sie wurde von einem Drachen gebissen?, erkl?rte Aiven atemlos und stellte sich zu Alina.

  ?Hier ist ihre Kleidung, als Beweis?, sagte Tessa und hielt ihm die Stofffetzen hin.

  Der Landesw?chter nickte traurig, dann wandte er sich an die W?chter hinter ihm. ?Zieht eure Waffen.?

  Alina wich stolpernd zurück und beobachtete entsetzt, wie drei W?chter bed?chtig auf sie zu schritten, Schwertspitzen auf sie gerichtet.

  ?Wartet!? Aiven stellte sich vor ihr hin, die Arme weit ausgebreitet. Tessa stellte sich dazu. ?Das ist meine Schwester!?

  ?Es tut uns leid. Wir glauben euch. Aber wir haben strikte Anordnungen. Alle Drachen müssen get?tet werden?, erkl?rte der alte Landesw?chter.

  ?Was? Das ist meine Schwester! Sie ist ein Mensch, genauso wie wir!?

  ?Ist das nicht schon einmal geschehen? Gibt es kein Gegenmittel??, fragte Tessa panisch.

  ?Es passiert immer. Alle Drachen waren früher mal Menschen. Und es gibt keine Heilung. Wenn sie sich einmal in ein Tier verwandelt haben, verlieren sie immer mehr ihr Bewusstsein und greifen Menschen an. Wir müssen sie ausrotten?, erkl?rte der Landesw?chter.

  Tessa und Aiven standen eingefroren vor ihr da. Sie bemerkten den W?chter im Hintergrund gar nicht, der leise einen Pfeil auf seine Bogensehne legte.

  ?Was??, hauchte Tessa aus. ?Alle Drachen? Sie sind Menschen??

  Aiven wachte aus seiner Starre aus und ballte seine zitternden H?nde. ?Soll das hei?en wir bringen Menschen um??

  ?Es sind Drachen, junger Lehrling. In ein paar Stunden wird sie vergessen haben, wer sie ist. Und wer du bist. Sie wird nichts weiter als ein wildes Tier sein?, sagte der alte Mann streng und schüttelte den Kopf.

  ?Alina! Lauf!?, schrie Aiven.

  Ein Pfeil schoss auf sie zu. Tessa zog ihr Schwert. Alina sprang zur Seite. Der Pfeil landete im Gras.

  ?Alina! Lauf! Lauf weg!?, brüllte Aiven und kreuzte seine Klinge mit einem der angreifenden W?chter. Tessa stürzte sich auf den zweiten.

  Alina winselte. Sie konnte die beiden nicht zurücklassen. Doch nun zog auch der Landesw?chter sein Schwert und stapfte an den k?mpfenden W?chtern vorbei.

  Mit ganzer Kraft stellte sie ihre Beine auf, wandte sich um und galoppierte davon.

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